Kongress 2021 – Hauptvorträge

Unabhängig von der bevorzugten Schulrichtung der TherapeutInnen und der jeweiligen Problemstellung der PatientInnen zeigt sich bei einem genauen Hinhören auf deren Lebensschilderungen und Symptombeschreibungen ein gemeinsamer zugrunde liegender Themenkomplex, der in der Philosophie als die „existenziellen Themen“ des Menschseins herausgearbeitet wurde und der in der Sprache der modernen Psychotherapiewissenschaft als ‚common ground‘ der Psychotherapie auf‌fassbar ist. Es sind dies v. a. die Fragen nach Sinn, Freiheit und Einsamkeit sowie nach Endlichkeit und Tod. Und obwohl diese Themen unvermeidlich unser Menschsein bestimmen, gibt es doch gesellschaftliche Szenarien wie aktuell die Corona-Pandemie, die sie enorm „energetisierien“ und eine Bearbeitung erzwingen.
Der Vortrag möchte die existenziellen Menschheitskonstanten einmal mehr ins Bewusstsein der psychotherapeutisch Tätigen bringen und zu einer individuellen Auseinandersetzung anregen. In einem zweiten Schritt werden sie auf dann auf das psychotherapeutische Handeln bezogen und einige erste konkrete therapiepraktische Konsequenzen werden aufgezeigt.

VOGEL Ralph T. Prof. Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeut, Lehranalytiker (DGAP, DGPT), Dozent und Supervisor an verschiedenen psychotherapeutischen Ausbildungsinstituten, Honorarprofessor für Psychotherapie und Psychoanalyse an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, Mitglied verschiedener nationaler und internationaler psychotherapeutischer Gremien, Wissenschaftlicher Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen, Psychologischer Psychotherapeut und Supervisor in privater Praxis in Ingolstadt. Schwerpunktthemen: Theorie der Analytischen Psychologie, Tod und Psychotherapie, Psychotherapie als Wissenschaft, Zahlreiche Publikationen, u. a. Todesthemen in der Psychotherapie: ein integratives Handbuch zur Arbeit mit Sterben, Tod und Trauer, 2012, Das Dunkle im Menschen. Das Schattenkonzept der Analytischen Psychologie, 2015, Der Tod ist groß, wir sind die Seinen. Mit dem Sterben Leben lernen, 2015 C. G. Jung für die Praxis. Zur Integration jungianischer Methoden in psychotherapeutische Behandlungen, 2016, Individuation und Wandlung, 2017, Existenzielle Themen in der Psychotherapie, 2020 (2. Auf‌lage), Psychotherapie in Zeiten kollektiver Verunsicherung. Therapieschulübergreifende Gedanken am Beispiel der Corona-Krise, 2020

I have been a psychotherapist and psychoanalyst in Milan for more than 40 years.
I have always tried to orient my profession as a response to the needs of the people I met, in a theoretical/clinical model that considers the presence of the therapist as important as that of the patient.
My encounter with the virus and the pandemic in the dual role of healer and patient forced me to develop further new resources within me and in the therapeutic relationship.
I will talk about the different aspects of this intense experience.

(Vortrag ist auf Englisch – der Text wird vorher auf Deutsch ausgesandt)

GOISIS Roberto Pietro, Doctor, psychiatrist, psychoanalyst, Full Member of SPI-IPA, included in the IPA Directory of Experts of Adolescent Psychoanalysis, Lecturer at the Catholic University of Milan and at Schools specialising in psychotherapy and at public and private institutions, involved in clinical activities and adolescents in particular. Former Coordinator of the Child and Adolescent Psychoanalysis Research Centre; Editor of the Journal „Adolescence“; Member and secretary of SPI’s Press and Media Relations Committee; Editor of spiweb.it (SPI website) since its creation and head of the Cinema Area for 12 years. Passion for cinema and writing

Nicht nur in Zeiten einer Pandemie ist die Fähigkeit gefragt, sich mit Nicht-Fassbarem, Nicht-Erwünschtem und Nicht-Erträglichem auseinandersetzen zu können. Wilfred R. Bion ermöglicht es uns solche Fertigkeiten zu entwickeln: sowohl durch seine psychoanalytischen Konzepte als auch durch seine charakteristische Art zu schreiben und die so entstehenden Lernerfahrungen. Der Vortrag versucht eine Verknüpfung zweier zentraler Konzepte von Bion mit den Besonderheiten von Hypnosepsychotherapie und Trance. Ein Blick auf sein Leben und seine Art die Welt zu sehen und sich damit auseinanderzusetzen soll das Verständnis seiner psychoanalytischen Konzepte erleichtern.

OSWALD Wolfgang, Mag., Psychoanalytiker (WPV/IPA), Psychotherapeut (HY, PA/PP), Lehrtherapeut mit voller Lehrbefugnis (HY), freie Praxis, Wien

Um zu verdeutlichen, wie die durch Corona ausgelöste Krise psychisch verarbeitet wird, drängen sich Konzepte aus der Psychotraumatologie auf. Im Vortrag wird ein Ansatz vorgestellt, wie die Auf‌hebung von emotionalen Widersprüchen dazu genutzt werden kann, um Eigenaktivität zu fördern. Es geht dabei darum, wie pathogenetische in salutogenetische Mechanismen umgewandelt werden, um die Aufgaben konstruktiv zu meistern, die die aktuelle Pandemie von uns fordert.

BARWINSKI Rosmarie, Prof. Dr. phil. habil., Psychoanalytikerin, Psychotherapeutin SPV/FSP; apl-Professur in Klinischer Psychologie an der Universität zu Köln: Mitherausgeberin der Zeitschrift „Trauma“ und Redaktionsmitglied der Zeitschrift „Psychotherapie-Wissenschaft“ (Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ASP); Mitglied der Wissenschaftskommission der ASP; Supervisorin am Psychoanalytischen Seminar in Zürich und am Universitätsklinik Freiburg.  (Aus- und Weiterbildungsinstitut für Psychoanalytische  und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie); Leiterin des Schweizer Instituts für Psychotraumatologie (SIPT; www.psychotraumatologie-sipt.ch). Zahlreiche Publikationen, u. a. (2016): Resilienz in der Psychotherapie. Klett-Cotta, Stuttgart